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Claus Niemann will in Sinstorf einen Psychomotorik-Parcour für Kinder einrichten. Eine Halle ist in Sinstorf gefunden.

Harburg. Seit drei Jahren kämpft Claus Niemann, Vorsitzender des Harburger Integrationsrats, für eine Bewegungsbaustelle in Harburg. Er möchte Kindern einen Ort schaffen, an dem sie sich austoben können, an dem sie aber vor allem ihre Motorik und auch ihre sprachlichen Fähigkeiten schärfen können (das Abendblatt berichtete).

Nun ist sein Plan gerade dabei konkrete Züge anzunehmen: Ein Partner ist gefunden, der Sportverein Grün-Weiss Harburg, und ein Ort ebenfalls, die Schützenhalle in Sinstorf. Letztere müsste allerdings erhöht werden, was die Gesetzeslage in dem Naturerhaltungsgebiet untersagt. Niemann hofft dennoch: Wenn die sozialen Komponenten bei einem Umbau überwiegen, könnte die Politik zustimmen, sagt er.

In Wilhelmsburg hat sich die Bewegungsbaustelle bewährt

In Wilhelmsburg hat Niemann vor 17 Jahren einen Ort der Bewegung eröffnet, den Verein zur Förderung der Integration in Hamburg Wilhelmsburg. Von Montag bis Mittwoch hüpfen, balancieren und kriechen rund 600 Kinder durch die Halle im Reiherstiegviertel. Gefördert werden das Sozialverhalten, die Konzentration und das Sprachvermögen. Drei Betreuer sind immer vor Ort.

Das Angebot richtet sich vor allem an Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Familien. Die Kleinen lernen, sich zu helfen, zu warten und zu fragen. In der Bewegung nehme der Druck ab, etwas richtig formulieren zu müssen, sagt Uli Gomolzig, der das Projekt gemeinsam mit Niemann auf die Beine gestellt hat. Der Psychomotorik-Parcour werde von Kindertagesstätten und Grundschulen sehr stark eingefordert, es gebe aktuell lange Wartelisten. Das Projekt lebt von Ehrenamtlern und Sponsoren, wie etwa der Reimund C. Reich Stiftung. Mit dem Bezirksamt läuft die Kooperation noch eineinhalb Jahre. „Die Kooperation war ein wichtiger Schritt, aber wir wünschen uns eine dauerhafte Lösung“, sagt Gomolzig.

In Harburg stieß der Plan bisher auf Granit

In Harburg konnte Niemann im Laufe der Jahre zwar viele Befürworter finden, auch in der Politik, aber wenn es um die konkrete Umsetzung ging, traf er auf Granit: Platz für eine neue Halle gebe es nicht, Geld wolle man nicht ausgeben, habe es geheißen. Die Mitbenutzung einer Fläche wäre kein Problem gewesen, Niemann will hier jedoch gleich ein Bewegungszentrum schaffen, das Kindern dauerhaft zur Verfügung steht: „Sprache und Bewegung liegen eng beieinander. Wer hierzu als Kind nicht lernt, kann Defizite nur schwer aufholen.“

Nun also Licht im Tunnel: Rainer Bliefernicht, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Harburg Süd und Vorsitzender von Grün-Weiss Harburg, war sofort begeistert, als das Projekt in der Harburger Sicherheitskonferenz vorgestellt wurde. Sein Verein, der viele Mitglieder mit Migrationshintergrund zähle, brauche das, was Niemann vorschwebt, sagt Bliefernicht. Er möchte, dass die Bewegungsbaustelle an sieben Tagen zwölf Stunden lang geöffnet hat.

Mit Grün-Weiss Harburg wird das Vorhaben konkret

Der Verein, mit 2000 Mitgliedern zweitgrößter im Bezirk, kooperiert schon länger mit dem Schützenverein in Sinstorf. Ihm wurde in Aussicht gestellt, das Schützengebäude dauerhaft zu übernehmen. Aktuell sind die Schützen nur an Freitagen im Haus anzutreffen, der Sportverein nutzt den Aufenthaltsraum an den übrigen Tagen für seine Sambatrommler oder Schachturniere. „Wir können das Gebäude aber lange nicht so nutzen, wie wir könnten. Dafür müsste es erhöht werden“, sagt Bliefernicht. Die Schützenhalle bietet insgesamt rund 700 Quadratmeter Platz, ist aber lediglich drei Meter hoch. Die Geräte aus Niemanns Psychomotorik-Parcour – Kästen, Bänke und Trampoline –, benötigen mindestens eine Raumhöhe von 3,50 Metern. Für die Bewegungsbaustelle, die auf einem Drittel der Fläche entstehen soll, müsste die aus den Achtzigern stammende Halle also ebenfalls erhöht werden.

Bliefernicht hatte bereits eine Bauvoranfrage gestellt, die nicht auf allzu positive Resonanz stieß. Man verwies unter anderem auf die Fledermäuse im Naturerhaltungsgebiet, die durch eine Erhöhung des Gebäudes gestört werden würden. Nun hofft der Vereinsvorsitzende, dass der Bauantrag durch das Vorhaben, auch eine Bewegungsbaustelle einzurichten, gewinnt. Um die Wichtigkeit ebendieser zu unterstreichen, hat der Verein eine Expertise von der Osnabrücker Professorin für Sportwissenschaft, Renate Zimmer, angefordert.

Expertin hält Bewegungsbaustelle wichtig für Integration

Sie sieht in der Bewegungsbaustelle eine „besondere Chance für die soziale Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“. Und dies sei schließlich ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen. Zimmer geht außerdem auf die Sprache ein: „Sprachlernen gelingt besser in einer emotional positiv geprägten Situation wie es bei Bewegungsangeboten der Fall sein kann.“

Kinder würden immer häufiger an Übergewicht, einer Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit und an Konzentrationsmangel leiden. Besonders betroffen seien Kinder aus Familien mit eingeschränktem Wohnraum, schreibt Zimmer. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt für Kinder von ein bis vier Jahren täglich drei Stunden in Bewegung. Laut Zimmers wissenschaftlicher Expertise wird diese Empfehlung aber nicht umgesetzt. Die Corona-Pandemie habe die Situation obendrein verschärft.

Gomolzig hat Ähnliches beobachtet. Aktuell könne er genau sehen, welche Kinder weiter in die Wilhelmsburger Halle kamen, als die Schulen geschlossen waren. Diese Kinder ließen sich mit Mut auf die Matten fallen, seien weniger ängstlich: „Die Kinder müssen hier ihre Angst überwinden, das ist ein unermesslicher Schutz, den sie mitnehmen.“

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