Hamburger Abendblatt 21.04.2021

„Wer sich nicht bewegt, bleibt sitzen!“

Die Kinder lieben den Bewegungsparcours, ein Angebot des Vereins zur Förderung der Integration in Hamburg Wilhelmsburg e.V., das auch in Harburg als Beitrag zur Bildung durch Bewegung umgesetzt werden könnte.

Der Harburger Integrationsrat setzt sich für den Bau eines Sprach- und Bewegungszentrums für Kinder und Jugendliche ein.

Harburg/Wilhelmsburg. Wenn Layla und Amira, Emir und Ilyas über die schmale Bank balancieren, sich mit dem Seil durch die Halle schwingen, über Kästen klettern und auf dem Trampolin wilde Sprünge probieren, haben die Grundschüler nicht nur mächtig Spaß. Sie tun ganz nebenbei auch eine ganze Menge für ihr Gehirn. Denn Bewegung macht nicht nur glücklich, Bewegung macht auch schlau! Und weil Schüler, die regelmäßig körperlich aktiv sind, auch konzentrierter im Unterricht mitmachen, haben ein paar Engagierte vor 15 Jahren in Wilhelmsburg den „Verein zur Förderung der Integration in Hamburg Wilhelmsburg e.V.“ gegründet, dessen Ziel es ist, Kinder durch Psychomotorik- Angebote emotional, kognitiv, sprachlich und sozial zu fördern. Nach dem Motto: „Wer sich nicht bewegt, bleibt sitzen!“

Gemeinsam mit dem Haus der Jugend im Reiherstiegviertel etablierten sie vor Ort ein Bewegungsangebot, das vor Corona wöchentlich mehr als 650 Kinder erreicht hat und auch aktuell kleineren Gruppen das Austoben ermöglicht.

Wilhelmsburger Projekt soll auch in Harburg Fuß fassen

Ein solches Projekt für Kinder und Jugendliche im Bereich Sprache und Bewegung soll jetzt auch in Harburg etabliert werden. Das fordert der stellvertretende Vorsitzende des Harburger Integrationsrates (HIR) Claus Niemann. Der pensionierte Polizeibeamte, der im Bereich Schule und auf dem Gebiet der Kriminalitätsprävention tätig gewesen ist, fordert den Bezirk auf, in Anlehnung an das Wilhelmsburger Vorbild ein Sprach- und Bewegungszentrum zu bauen, das an Schulen, Kitas und Elternschulen angebunden wird und mit seinem Angebot für mehr Bildungsgerechtigkeit im Stadtteil sorgt. „Gerade in dieser Zeit, in der sich die Kinder nicht zum Toben treffen können, Sportvereine ihre Angebote einschränken müssen und der Sportunterricht in den Schulen durch die Schließungen immer wieder ausfällt, wird der Bedarf nach einer solchen Einrichtung deutlicher denn je“, sagt er.

Der HTB interessiert sich als Projektträger

Einen möglichen Träger hat Niemann bereits gefunden. „Beim HTB gibt es großes Interesse an dem Projekt“, sagt er. „Jetzt brauchen wir nur noch eine Halle.“ Genau dafür hat sich Claus Niemann nun an Politik und Verwaltung gewandt und den Ausschuss für Bildung und Sport um Unterstützung gebeten. „Studien beweisen, dass Sprache und Bewegung ein sogenanntes Schmiermittel für alle weiteren Lernprozesse sind. Sport mit psychomotorischem Hintergrund verbessert die Lernbereitschaft und Fähigkeit nachweislich in allen Fächern“, so Claus Niemann, der davon überzeugt ist, dass sich die Notwendigkeit für ein solches Angebot aufgrund der Corona- Folgen weiter verschärfen wird.

„Laut Bildungsministerium werden aufgrund der Pandemie 20 bis 25 Prozent der Schüler vermutlich große Lernrückstände haben, vielleicht sogar dramatische. Wenn wir die Rückstände nicht auffangen, fallen diese Kinder und Jugendlichen durch das soziale Raster.“

Bewegung fördert Körper und Geist gleichermaßen

Claus Niemann, der als Ehrenamtlicher seit 2006 im Verein zur Förderung der Integration in Hamburg Wilhelmsburg e.V. mitwirkt, weiß aus Erfahrung, dass Bewegung nicht nur den Geist fördert, sondern auch dafür sorgt, dass Kinder und Jugendliche selbstbewusster werden und weniger aggressiv. „Sport war immer eines meiner Steckenpferde, auch wenn es darum ging, als Polizeibeamter Jugendliche von der Straße zu holen“, sagt er.

Unterstützung bekommt Claus Niemann von Uli Gomolzig, der bis 2020 das Haus der Jugend in Wilhelmsburg geleitet und 2005 den Verein zur Förderung der Integration in Hamburg Wilhelmsburg e.V. gegründet hat. „Wir wollten damals einen Ort schaffen, an dem Kinder sich etwas trauen und Ängste abbauen“, sagt er. „Die Sporthalle im Haus der Jugend stand leer. Also konnte sie der Verein mietfrei nutzen. Angefangen hat alles mit ein paar leeren Colakisten und Brettern, aus denen wir einen Parcours gebaut haben“, erinnert er sich. Inzwischen stehen dem mehrfach ausgezeichneten Projekt Sportgeräte im Wert von über 150.000 Euro zur Verfügung. Woche für Woche wird eine neue „Bewegungsbaustelle“ aufgebaut, auf der unter Anleitung geklettert, balanciert und gesprungen werden kann. An den Vormittagen kommen die Schüler, nachmittags die Eltern mit ihren Kindern.

Fachleute und Parteien sind gleichermaßen begeistert

Pädagogin Celik Zümrüt, die regelmäßig mit ihren Vorschülern von der Grundschule Rotenhäuser Damm zum Toben ins Haus der Jugend kommt, ist von dem Angebot begeistert: „Die Kinder haben durch die Einschränkungen der Pandemie einen enormen Bewegungsdrang, der raus muss. Wenn das nicht möglich ist, werden sie launisch, zickig und aggressiv. Sie müssen sich austoben, damit sie sich anschließend wieder konzentriert einer Sache widmen können.“

Finanziert wird das Projekt zur Integration und Bildung durch Sport durch Spenden und Sponsoren. „Auch in Harburg soll es für den Bezirk kostenneutral laufen“, sagt Claus Niemann. „Was wir brauchen, ist lediglich eine Halle mit Umkleideräumen und Toiletten.“

Unterstützt wird der Vorstoß des Integrationsrates von CDU, Linke und SPD. Letztere hat nun beantragt, dass das Projekt auf die Tagesordnung der Bezirksversammlung kommt. Dort will Niemann dafür werben, dass das Angebot als Leuchtturmprojekt für die Kinder auch in Harburg umgesetzt wird.

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